Neben dem Essener Bischof Franz-Josef Overbeck nahm in diesem Jahr der Hildesheimer Bischof Heiner Wilmer als Gastprediger am Liudgerfest am Sonntag, 1. September teil – ein Verweis auf den zweiten mittelalterlichen Heiligen in Essen: Der vor 1150 Jahren verstorbene Heilige Altfrid, Gründer der heutigen Stadt Essen und des mittelalterlichen Frauenstifts, war im 9. Jahrhundert ebenfalls Bischof von Hildesheim.
Am Beispiel von Liudger sprach Wilmer in seiner Predigt in der feierlichen Messe vor der Prozession über einen „inneren Käfig“, in dem manche Menschen gefangen sind – und darüber, wie man am besten aus diesem herauskommt, um inneren Frieden zu finden, Vorurteile abzubauen und Grenzen aufzubrechen. Für Liudger seien es „Gebet und Geselligkeit” gewesen, um „aus diesem Mindset“ auszubrechen, so Wilmer. Er beschrieb, mit welchem Enthusiasmus Liudger das Benediktinerkloster am Südufer der Ruhr gegründet und im benediktinischen Takt von Beten und Arbeiten gelebt hat. „Wenn die Sonne über dem Berg hinaufsteigt, will ich meine Augen zum Himmel legen, um dem Herrn Danke zu sagen für die Nacht, die Träume, den Schlaf, die Erholung und ihm in meiner morgendlichen Hingabe den neuen Tag weihen“, zitierte Wilmer den Heiligen Liudger.
Zugleich sei der Kloster- und Bistumsgründer ein geselliger Typ gewesen, betonte Wilmer: „Von Liudger wird erzählt, dass er gerne zu Tisch saß und Leute einlud. Er freute sich über Gesellschaft und es heißt, er lud Arme ein und Reiche. Er machte keinen Unterschied, er war kein Snob. Liudger erfreute sich an Bewegtheit, an Geselligkeit, um offen zu werden,” betonte Bischof Wilmer. „Luidger war innerlich frei. Er konnte mit allen.“
Nach der Messe sind Hunderte Menschen, begleitet von Vertretungen zahlreicher Orden, Gruppen und Verbänden, bei der traditionsreichen Liudger-Prozession mit dem Schrein des im Jahr 809 verstorbenen Heiligen singend und betend durch die Straßen der Altstadt von Essen-Werden gezogen. Sie folgten damit einer seit 1128 bestehenden Tradition. Damals hatte Bernhard von Wevelinghoven, der 28. Abt des von Liudger (oder Ludgerus) am südlichen Ruhrufer gegründeten Benediktinerklosters, als Dank für die Abwehr einer Hungersnot die jährliche Prozession eingeführt.
Für eine „Statio“ pausierte die Prozession vor der evangelischen Kirche an der Heckstraße – ein Zeichen für die besondere ökumenische Prägung des Liudger-Fests: Schon die Eröffnung des Fests am Freitag mit der feierlichen Erhebung des Ludgerus-Schreins aus der Krypta der Basilika, hatte die Pfarrei St. Ludgerus als ökumenischen Gottesdienst gefeiert.
Text: Kathrin Brüggemann und Thomas Rünker